Wenn sie feiern dann richtig. Wenn!

Beitrag veröffentlicht am: 8. März 2005

Mitten im Campus zwischen Hochschule und Technologiezentrum ist der Studentenclub gelegen. Dieser wird Karen genannt. Es ist eine stilvolle alte Villa mit verschiedenen Räumen, einer gemütlichen Bar und einer guten Soundanlage. Die Getränkepreise sind unschlagbar für schwedische Verhältnisse. Der Club liegt nur etwa 5 Gehminuten von den Studentenwohnheimen entfernt und ist damit besser zu erreichen als alle anderen Locations in der Stadt. Einziges Problem - keiner geht hin.

Während meines Studiums in Deutschland war ich es immer gewohnt, dass die Studentenclubs voll sind, auch unter der Woche. Hier ist aber immer gähnende Leere, sogar am Samstagabend. Und dabei wohnen über 500 Studenten in unmittelbarer Nachbarschaft, da würde man wirklich vermuten, dass der eine oder andere mal auf ein Bier vorbei schaut.

Der Studentenclub wird von der Student Union betrieben. Das ist mit unseren Studentenrat vergleichbar. Jeder Student muss pro Semester eine entsprechende Gebühr entrichten. Soweit ich das verstanden habe, ist die Studentenschaft aber nicht weiter in Fachschaftsräte für die einzelnen Fachbereiche zergliedert. Wie bei uns liegt es an jedem selbst, wie stark er sich in die Studentenarbeit einbinden lässt.

Als ich im Sommer hier ankam, war gerade Einführungswoche. Die Student Union hatte eine Reihe von Aktivitäten organisiert, damit sich die neuen Studenten in jedem Haus zusammenfinden. Die Student Union ist teils sehr stark hierarchisch aufgebaut. Die Älteren haben das Sagen, die Neuen sind die “Nullen”. Wer aufsteigen will, muss sich entsprechend engagieren und sicher auch mal das eine oder andere Wettsaufen überstehen.

Überhaupt ist die Student Union straff organisiert. So gibt es eine interne Mitgliederseite im Internet. Auf dieser werden die verschiedenen Partys und Aktivitäten angekündigt und man kann sich selber als Helfer einschreiben. Dafür gibt es dann Punkte, mit denen man intern aufsteigen kann. Weiterhin kann jeder Student Fotos auf dieser internen Seite sowie ein Profil eintragen, um die Aufmerksamkeit von anderen Studenten zu erregen.

Sticker der Party Sommerphesten

Eine der Veranstaltungen zu Beginn war ein recht vornehmes Essen in Karlskrona im dortigen Studentenclub. Während dieses Essen stimmten einige von den alten Hasen immer mal wieder Lieder aus dem Gesangbuch der Student Union an. Viele waren auf Schwedisch, allerdings war die Hauptbotschaft dann doch immer wieder sehr ähnlich (Alkohol). Ich hab mir sagen lassen, dass es in Schweden nicht ungewöhnlich ist, in größeren Gesellschaften ein Lied anzustimmen.

Neben diesen vielen Liedern gibt es aber noch eine Art Hymne. Das ist ein Diskotitel, der Karlskrona besingt. Dieser wird dann zu entsprechender Zeit in der Disko gespielt. Bei diesen Diskos fiel mir dann aber doch merkwürdig auf, dass man die “Nullen” erst mal in 2-er Reihen antreten ließ, bevor sie das Lied hören/tanzen durften. Man muss es sich vorstellen, als ob der DJ in einer Disko erst mal die Leute antreten lässt, bevor er den nächsten Song spielt - ein Unding in Deutschland.

Nach dieser Einführungswoche vermutete ich schon, dass es hier mit dem Studium wohl vor lauter Partys nichts wird. Allerdings kam es dann doch anders. Ging man nämlich einfach mal so in den Studentenclub, dann war da nie viel los. Aller 2 Monate wird allerdings eine richtige große Party organisiert, immer mit speziellen Themen. Diese Partys sind dann auch gut besucht und die Schweden lassen dann mal richtig die Sau raus. Das heißt sie geben sich vollständig die Kante, bis sie nicht mehr laufen können. Das trifft sowohl für männlich als auch weiblich zu.

Nimmt man an solch einer großen Party teil, dann bekommt man einen Sticker. Ist man ein ernsthaftes Mitglied in dieser Student Union, dann verfügt man über einen farblichen (rot, gelb, blau, …) Schlosseranzug, auf dem man diesen anbringen kann. Man ist dann natürlich um so wichtiger, um so mehr Sticker man auf seinem Anzug vorzeigen kann. Der schwedische Student kauft sich demnach am Anfang seiner Studentenzeit solch einen Anzug und erarbeitet sich dann mit der Zeit die prestigeträchtigen Sticker.

Die großen Partys beruhen oftmals auf schwedischen Traditionen. So ist das Sommerfest eine Feier, um den Sommer zu begrüßen. Diese Party begann zunächst mit einem Volleyballtunier am Nachmittag im Schnee. Fazit meinerseits: Es ist gut mal im Schneetreiben mit kurzen Hosen Volleyball gespielt zu haben, aber man sollte sowas nur einmal im Leben machen :-) Abends gab es dann Disko mit dem Thema Piraten.

Es ist also etwas merkwürdig mit den Feiern in Schweden. Geht man z. B. an einem Freitagabend nach Karlskrona in eine Kneipe oder einen Club, dann kann es passieren, dass nichts passiert, alldieweil keiner hingeht, unabhängig von Studentenclub oder normaler Kneipe. Auf der anderen Seite muss man sich auf verrückte Partys einstellen, wenn dann mal wieder zum Großereignis geblasen wird.