Studium in Schweden - Teil 1

Beitrag veröffentlicht am: 2. Oktober 2004

Allgemein

Ich glaub langsam ist es an der Zeit mal etwas über das Studium hier zu schreiben. Schließlich bin ich ja nicht nur zum Fotos machen hier. Das Studium ist doch im Vergleich zu meinem vorherigen deutschen FH Studium verschieden.

Zunächst einmal unterteilt sich hier jedes Semester in 2 “Study-Periods”. Diese dauern jeweils etwa 10 Wochen. Es wird davon ausgegangen, dass man an seinem Studium Vollzeit arbeitet, also 40 Stunden die Woche. In jeder Study-Period belegt man 2 oder 3 Kurse. Das richtet sich nach dem Umfang der Kurse. Der Umfang der Kurse drückt sich in den Punkten aus, die man für einen Kurs bekommt. In der Regel sind das 5 Punkte pro Kurs. Dabei wird allgemein davon ausgegangen, dass 1 Punkt für 1 Woche Vollzeitbeschäftigung steht.

Jeder Kurs besteht wie in Deutschland aus Vorlesungen, Seminaren und Übungen. Allerdings ist die Anzahl dieser Pflichtveranstaltungen wesentlich geringer als in Deutschland. Letzte Woche hatte ich z. B. nur 8 Stunden lang Veranstaltungen in der Uni, nächste Woche dürften es wahrscheinlich noch weniger werden.

Die restliche Zeit verbringt man im Selbststudium. Damit man dies auch wirklich tut und nicht nur Schweden erkundet, sind eine Vielzahl von Belegen abzuliefern. Ein typischer Beleg ist:

Lesen Sie die 150 Seiten im Buch XYZ, fassen Sie den Inhalt zusammen und reflektieren Sie den Inhalt anhand Ihrer eigenen Erfahrungen! Abgabe in einer Woche bei etwa 7 bis 9 Seiten.

Und das ist in jedem Fach so. In einer Woche musste ich insgesamt 5 solcher Berichte einreichen, was mich dann doch etwas ins Schwitzen gebracht hat. Ich denk man hat das an den seltenen Einträgen auf dieser Seite gemerkt…

Viele Belege sind natürlich auch in Gruppenarbeit durchzuführen und erfordern neben einem schriftlichen Beleg auch eine Präsentation im Kurs. In einem meiner Fächer haben wir gar keine Vorlesungen. Der gesamte Stoff wird nur über die Belege vermittelt und in den Seminaren werden dann die Präsentationen gehalten bzw. die Aufgaben für die nächsten Belege erläutert.

Damit man überhaupt etwas hat, über das man einen Beleg schreiben kann, muss man in jedem Fach ein Liste definierter Bücher lesen. Allein für diese erste Study-Period musste ich mir 7 Bücher für insgesamt 150€ kaufen und natürlich auch lesen. Naja, ich bin immer noch dabei ;-)

Die meisten dieser Belege werden natürlich auch benotet. Bei manchen bekommt man aber auch einfach bloß ein Bestanden/Nicht-Bestanden. Wenn die Berichte mangelhaft sind, bekommt man eine Aufforderung diese zu überarbeiten und erneut einzureichen. Zum Notensystem selber kann ich momentan noch nicht viel schreiben, da ich es selber noch nicht ganz verstanden habe…

In den meisten Fächern gibt es keine abschließende Klausur. Die Note wird anhand der vorherigen Belege festgelegt. Das ist meiner Meinung nach ein sehr sinnvoller Aspekt der Ausbildung. Anstatt am Ende eines Kurses zu testen wer am besten die Folien auswendig lernen kann, wird hier getestet, ob man den vermittelten Stoff anwenden kann. Durch die ständigen Belege ist man gezwungen sich ständig mit dem vermittelten Stoff auseinander zu setzen. Das ist eine sinnvollere Art des Lernens. In der Realität lernt man sonst ja erst kurz vor der Prüfung. Was mir hier in Schweden etwas fehlt sind sinnvolle Praktikas. Das Schreiben von Reports wird doch mit der Zeit etwas langweilig…

Meine Kurse momentan

Ich belege momentan 3 Kurse:

  • Forschungsmethoden (Pflichtkurs)
  • Software Architekturen
  • Software Projektmanagement

Der Kurs Forschungsmethoden soll uns auf unsere Masterarbeit am Ende des Studiums vorbereiten. Allerdings kann man das vermittelte Wissen auch in allen Fächern anwenden. So wird z. B. gelehrt wie man eine Literaturrecherche durchführt, wie man ein wissenschaftliches Dokument schreibt, welche Datenerfassungsmethoden es gibt und es wird der Unterschied zwischen quantitativer und qualitativer Forschung ausgeführt. Dieser Kurs ist inzwischen fast beendet, einzig einen riesigen Beleg muss ich noch abgeben. Nagut, ich müsste erst mal damit anfangen :-)

Der Kurs Software Architekturen ist der techniklastigste Kurs momentan. Das drückt sich dann in einem 2-stündigen Praktika während der ganzen Study-Period aus… In diesem Fach wird gelehrt, welche globalen Software Architekturen es gibt, welche Vor- und Nachteile diese haben, wie man evaluieren kann ob eine gewählte Architektur die Anforderungen z. B. an Performance erfüllt usw.

Und dann ist da noch der Software Projektmanagement Kurs. Das ist der vom Arbeitsaufwand schlimmste Kurs. In dem Kurs wird alles von Netzplantechnik, Projektorganisation, Projektsteuerung, Planung, Prozessmodelle usw. behandelt. Hinzu kommt noch die Betrachtung von informellen Netzwerken und deren Bedeutung für ein Projekt. In diesem Fach ist neben diversen schriftlichen Belegen und Präsentation auch ein Interview mit einem Projektmanager durchzuführen. Also ein Interview von jedem Student und nicht ein Interview vom ganzen Kurs. Dieser Kurs ist meinem Empfinden nach zu sehr aufgebläht.

Achso, natürlich gibt es für alle Belege natürlich Abgabezeitpunkte. Hält man diese nicht ein bekommt man eine Zusatzaufgabe bzw. kann den gesamten Kurs nicht mehr bestehen. Ausnahmen hab ich bis jetzt nicht bemerkt.

Abschließende Worte

Neben all den Kursen nehm ich noch an einem Schwedisch Sprachkurs teil. Den betrachte ich aber eher als Freizeitbeschäftigung. Der Kurs ist leider mit 30 Studenten und einer Lehrkraft sehr überfüllt, was das Lernen der Sprache nicht einfacher macht.

Ich denke man sieht, dass hier doch ein ziemlich anderes System herrscht. Später werde ich noch mehr darüber schreiben, ich will aber an dieser Stelle den Eintrag nicht unnötig verlängern. Also, bis demnächst.