6. Barafu Hut > Uhuru Peak > High Hut

Wenn es dunkel ist oder es mir nicht gut geht, mache ich wenige Fotos. An diesem Tag waren beide Bedingungen erfüllt. Die Tour startete nachts um 1 Uhr von der Barafu Hut (4.600m) und sollte in stockfinsterer Nacht hoch zum Gipfel des Kilimandscharo - dem Uhuru Peak (5.895m) - führen. Der Gipfel ist auf der Karte mit dem kleinen Vulkan gekennzeichnet. Die Sonne ist der Stella Point (ca. 5.685m), also der Punkt den man erreicht haben soll, wenn Sonnenaufgang ist.

Da es in der Nacht natürlich vollkommen finster ist und der Weg natürlich nicht beleuchtet wird, muss man mehrere Stunden mit Kopflampe hinter seinem Vordermann hinterher laufen. Das ist natürlich etwas ätzend, da man stundenlang einen Berg hochstolpert ohne zu sehen, was man sich da eigentlich antut. Wie schon die Tage zuvor war die Belastung natürlich enorm. Der Kopf hat bei mir beständig gehämmert und mich quälte eine unendliche Müdigkeit. Diese hatte sich ergeben, da ich die Nacht zuvor nicht schlafen konnte, da ich einfach nicht zu Ruhe kommen wollte. Normalerweise habe ich einen Ruhepuls von unter 50 Schlägen pro Minute; im Barafu Camp auf 4.600m waren es immer mehr als 90. Das kann einen in den Wahnsinn treiben. Die Müdigkeit wird natürlich noch durch den Sauerstoffmangel verstärkt. Die Folgen sind, dass man beim Laufen einschläft und die Beine wegknicken.

Mit der Zeit machte sich dann bei mir eine gewisse Panik breit, dass ich vielleicht den Gipfel erreichen würde, aber ob ich jemals lebend wieder runter käme, hielt ich doch für sehr fraglich. Deshalb entschloss ich mich dann gegen 5:30 Uhr umzukehren und den Gipfel Gipfel sein zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt muss ich mich auf ungefähr 5.300m befunden haben und ich war wohl nur noch 1-1,5h vom Stellar Point entfernt. Wie dem auch sei, als ich dann abstieg, war ich mehr als glücklich über meine Entscheidung und ich habe sie auch bis heute noch nicht bereut. Von unserer Gruppe waren insgesamt 6 Leute (plus 4 Begleiter) gestartet und 4 erreichten den Gipfel. Allerdings musste einer der Wanderer dies auch mit einem Hörsturz bezahlen. Man sieht also, dass der Kilimandscharo kein einfacher Wanderberg ist, auf den man mal so eben hochsprintet. Auch wenn der Weg technisch einfach (aber nicht ungefährlich) ist, so ist die enorme Höhe eine unwahrscheinliche Herausforderung. Wenn sich der Körper nicht vorher an die Höhe gewöhnt, hat man fast keine Chance da hoch zu kommen. Und wenn man dann auch noch Durchfall hat, kann man es eigentlich gleich vergessen.

Auf meinem Weg runter zeigte mir mein Begleiter noch die Stelle, an der sein Onkel (ebenfalls ein Bergführer) vor einigen Jahren tödlich abstürzte. Dies bestärkte mich in meiner Auffassung die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Leider konnte ich mich am Anfang nicht überwinden, meine Kamera rauszuholen und so konnte ich den sagenhaften Sonnenaufgang nur in meinem Kopf festhalten. Erst später machte ich mal ein Bild, hier zum Beispiel hoch Richtung Gipfel.

Blick Kilimandscharo oberhalb vom Barafu Camp

Rückblickend kann ich sagen, dass ich sicher auch das falsche Essen mit auf meine Gipfelerstürmung mitgenommen hatte. Meine Schokoriegel waren alle tiefgefroren. Sinnvoller wäre etwas gewesen, was nicht gefrieren kann und trotzdem sofort ins Blut geht. Mein Trinken gefror allerdings nicht, obwohl ich das Wasser in einer normalen Trinkflasche hatte. Trotzdem verspürte ich keinen echten Drang, das kalte Gelumpe zu trinken und so hatte ich bis zu meiner Umkehr noch nicht mal einen halben Liter getrunken. Zur Reserve hatte ich noch Tee in einer Thermoskanne dabei. Meine allgemeine Trägheit verleitete mich aber diese nicht rauszuholen (jeder Handgriff ist eine Anstrengung in dieser Höhe), was sicher im Endeffekt auch nicht förderlich für mich war.

Sehr gefreut habe ich mich dann aber, als ich von oben wieder auf das Barafu Camp zulief. Am Tag zuvor war es mir sehr öde und karg vorgekommen. Nachdem ich nun am Berg an meine Grenze gekommen war, kam es mir wie strahlende Zivilisation vor und ich rief den Zurückgebliebenen und Umgekehrten entgegen, dass ich frische Brötchen mitgebracht hätte ;-)

Barafu Camp am Morgen

Leider war es noch nicht getan mit dem Erreichen des Barafu Camp. Da die Höhe enorme gesundheitliche Gefahren birgt, muss man versuchen so tief wie nur irgendwie möglich abzusteigen. Ziel war eigentlich die Mweka Hut (3.100m, türkiser Tropfen), aber unsere Gruppe war nicht so schnell und so ließ unser Bergführer Faustin das Camp bei der High Hut auf 3.800m aufschlagen. Diese Höhe reichte aber schon, um die Kopfschmerzen vollständig verschwinden zu lassen und endlich mal wieder lebensfroh rumspringen zu können.